Vermisstes U-Boot mit voller Besatzung nach Jahrzehnten gefunden

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Wenn ein U-Boot mit vielen Menschen an Bord einfach so verschwindet, lässt dies Angehörige und Betroffene nie mehr los. Fragen über Fragen stelle sich. Daher gibt es immer wieder Menschen, die sich auch Jahrzehnte nach einem derartigen Geschehen noch auf die Suche begeben.

Und so war es Tim Taylor, der mit seinem Team startete, um ein amerikanisches U-Boot zu orten, das bereits seit mehr als siebzig Jahren vermisst wurde. Damals war das Boot mit 80 Matrosen von einer Mission nicht mehr zurückgekehrt.

Leider hatte sein Unterwasserfahrzeug einen technischen Defekt, sodass Taylor an Land zurückmusste. Es waren ihm allerdings Aufzeichnungen von Daten gelungen, die einige Merkwürdigkeiten aufwiesen.

1. Das Lost 52 Project

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Im Rahmen des Lost 52 Projects, das die Amerikaner durchführen, um seit dem Zweiten Weltkrieg verschollene U-Boote zu lokalisieren und anschließend zu bergen, begab sich Tim Taylor auf die Suche nach der S.S.-208.

Das U-Boot war bereits im März 1944 als vermisst gemeldet worden. Die Umstände seines Verschwindens galten als mysteriös. Ende Januar desselben Jahres war die Grayback, wie die S.S.-208 auch genannt wurde, von Pearl Harbor aus zu einer Kampfpatrouille aufgebrochen.

Ende Februar gab es eine Meldung durch den Kapitän, dass zwei japanische Frachter versenkt worden seien. Es sollte anschließend daran nur noch ein einziges Lebenszeichen aus dem U-Boot geben.

2. Die letzte Nachricht

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Die letzte Nachricht der Grayback erhielt die Basis einige Tage später. Es wurde vom Versenken eines japanischen Truppentransporters sowie eines Tankers berichtet. Allerdings gab es dadurch ein Problem. Das U-Boot hatte jetzt nur noch zwei Torpedos an Bord und musste zum Nachrüsten das Midway Atoll im Nordpazifik ansteuern. Die Grayback sollte nie ankommen!

Nach diesem letzten Funkspruch warteten die Kommandanten auf dem Midway Atoll drei Wochen lang auf die Ankunft der Grayback. Danach wurde das Boot samt Mannschaft als auf See vermisst gemeldet.

Da sich niemand erklären konnte, was mit dem U-Boot passiert war, machten sich Spekulationen breit, die jedoch zu nichts führten.

3. Keine Spur von der Grayback

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Was mag in den Angehörigen vorgegangen sein, als sie vom Verschwinden des U-Boots hörten? Wahrscheinlich wurde immer weiter gehofft, die Grayback käme doch noch zurück. Aber es war keine Spur zu finden.

Gerade dieses U-Boot war das Aushängeschild der US-Marine. Viele Einsätze hatte die Grayback erfolgreich absolviert. Nicht nur die beeindruckende Größe, vor allem die Tatsache, dass das Boot bei geringer Geschwindigkeit etwa 48 Stunden unter Wasser bleiben konnte und die Reichweite über 12.000 Meilen (ca. 19.312 km) betrug, machte den Vorgang so rätselhaft. Was war also passiert?

Unter normale Umständen hätte sie niemals verschwinden können. Das jedenfalls war die Meinung der meisten Amerikaner.

4. Die ersten Missionen der S.S.-208

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Ende Juni 1941 wurde das U-Boot in den Dienst der US-Marine gestellt. Einige Monate später traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Im Herbst 1941 war die Grayback auf Patrouille in der Karibik. Und dann kam Pearl Harbor. Im Februar 1942 startete das U-Boot zu seiner ersten Kriegspatrouille im Pazifik.

Das erste Schiff, das die Grayback versenkte, war ein japanisches Frachtschiff. Anschließend begab sie sich nach Westaustralien, wo ihr zukünftiger Stützpunkt sein sollte. Von dort aus startete sie in eine weitere erfolgreiche Mission, indem ein feindliches U-Boot sowie etliche Handelsschiffe stark beschädigt werden konnten. Viele weitere erfolgreiche Einsätze folgten danach.

5. Weitere Einsätze

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Bei einem weiteren Einsatz von Australien aus konnte die Grayback 1942 vier feindliche Schiffe auf einen Streich versenken. Einige Tage später wurde das amerikanische U-Boot dann selbst Ziel eines Beschusses. Ein feindliches U-Boot feuerte Torpedos ab, traf jedoch die Grayback nicht.

1943 griff die S.S.-208 ein Schiff der japanischen Marine an. Dies allerdings ohne Erfolg. Dasselbe Schiff wurde jedoch von einem US-Zerstörer später versenkt und alle Besatzungsmitglieder fanden dabei den Tod. Die Grayback hatte noch zahlreiche weitere Einsätze, manchmal erfolgreich, manchmal nicht. In jedem Fall galt das U-Boot als besonders stabil und leistungsstark. Dies wurde immer wieder unter Beweis gestellt.

6. Die zehnte und letzte Patrouille

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Von Pearl Harbor aus startete die Grayback Ende Januar dann zu ihrem letzten Einsatz, von dem sie nie zurückkehren sollte. Nach dem Funkgespräch am 25. Februar des Jahres 1944 hörte niemand mehr etwas und das Boot wurde Wochen später als vermisst gemeldet.

Erst sehr viele Jahrzehnte später sollte das Geheimnis um die Grayback gelüftet werden. Zunächst ging die amerikanische Marine davon aus, dass das U-Boot etwa 150 Kilometer von Okinava zu finden sei. Später wurde jedoch klar, dass es sich um einen Irrtum handelte.

Alles war ganz anders, als es anfänglich schien. Erst Tim Taylor konnte mit seinem Team zur Aufklärung des Geschehens beitragen.

7. Kontakt mit Japan

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Tim Taylor setzte sich mit einem bekannten japanischen Forscher in Verbindung, der in der Lage war, verschiedene Aufzeichnungen der japanischen Marine während des Zweiten Weltkriegs zu durchsuchen. Diese enthielten unter anderem damals täglich aktualisierte Funknachrichten.

Hierdurch wurde dann der Fehler entdeckt, der die Amerikaner dazu veranlasste, falsche Vermutungen über die Lage der Grayback anzustellen. Es war ein Übersetzungsfehler. Hier wurde auch der Angriff eines japanischen Bombers wenige Minute nach dem letzten Funkgespräch der Grayback entdeckt. Dabei wurde eine 500-Pfund-Bombe auf ein amerikanisches U-Boot abgefeuert. Es kam zu einer großen Explosion und das U-Boot sank augenblicklich. Überlebende soll es keine gegeben haben.

8. Endlich Gewissheit

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Mit diesen neuen Informationen hatte Taylor eine realistische Chance, die Grayback doch noch zu finden. Und tatsächlich geschah das Wunder und er konnte das vermisste U-Boot lokalisieren.

Der Rumpf schien nahezu unbeschädigt zu sein. Allerdings war das im Hinblick auf die verschollene Besatzung kein gutes Zeichen. Es waren 80 tote Matrosen, die gefunden wurden. Für die Angehörigen der Vermissten jedoch war dies eine große Erleichterung. Endlich wussten sie genau, was mit ihren Verwandten passiert war und wo sich die Leichen befanden.

Dass ihre Liebsten tot sind, war ihnen früh bewusst. In jedem Fall macht es einen Unterschied, ob man weiß, was geschehen ist oder mit der Ungewissheit leben muss.

9. Die Reaktion der Angehörigen

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Gloria Hurney ist eine der Betroffenen. Ihr Onkel diente als Elektriker auf der Grayback. Sie war auch nach diesen langen Jahren sehr erleichtert, dass das U-Boot endlich gefunden worden war.

Sie hatte, wie viele andere Angehörige auch, die Hoffnung schon fast aufgegeben, jemals mehr über das Schicksal ihres Onkels zu erfahren. In einem Interview mit CNN regte sie an, dass sich sämtliche Angehörige der gefundenen Besatzungsmitglieder treffen sollten,

Ein Austausch der Gedanken und Gefühle würde mit Sicherheit dazu beitragen, die Trauer zu überwinden. Letztlich verbindet diese Menschen viel. Die Ungewissheit über Jahrzehnte hinweg muss aufgearbeitet werden. Gemeinsam geht vieles leichter.

10. Die Grayback lebte weiter

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Mit der versunkenen Grayback ist die Geschichte dieses U-Boots noch nicht zu Ende. Im Sommer 1957 wurde ein weiteres Grayback U-Boot unter der Bezeichnung SSG-574 in den Dienst der amerikanischen Marine gestellt.

Besonders interessant hieran ist, dass das U-Boot von der Witwe des letzten Kommandanten der ersten Grayback getauft wurde. Das hat sich die Dame nicht nehmen lassen. Sie sah es als Ehre an.

Einige technische Verbesserungen unterschied die zweite Grayback vom Original. Aber auch sie war in Pearl Harbor stationiert, was bei vielen Menschen Erinnerungen geweckt haben dürfte. Glücklicherweise ist sie nicht in Gefahr gewesen, torpediert zu werden. Der Zweite Weltkrieg hat genug schlimme Spuren hinterlassen.

11. Die Grayback – das Ende

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Auch die zweite Grayback hatte allerdings mit Katastrophen zu kämpfen. So war sie Anfang der 1980er-Jahre in einen Unfall verwickelt, bei dem fünf Taucher starben. Die Männer befanden sich in der Ausbildung, als sie von einem Tauchgang zum U-Boot zurückkehrten. Hier kam es zu einem technischen Defekt im Bereich der Belüftungsventile, sodass die Depressionskammer zur Todesfalle wurde.

Kurze Zeit später wurde die zweite Grayback aus dem Dienst entlassen. Aber das war noch nicht das Ende. Das U-Boot, jetzt orange angestrichen, wurde nach Subic Bay geschleppt. Hier wurde es dann versenkt und für Zielübungen eingesetzt. Immerhin ein besseres Ende im Vergleich zu dem der ersten Grayback.