Eine ungewöhnlich hohe Zahl toter Wildvögel, hektische Veterinärteams in Schutzanzügen und ein Virologe, der die Alarmglocke läutet – die Vogelgrippe rückt erneut in den Fokus. Doch wie groß ist die Gefahr für uns Menschen wirklich?
Alarmstufe in den Vogelrastgebieten

In den letzten Tagen wurden entlang der deutschen Küste hunderte verendete Kraniche, Gänse und Möwen gemeldet. Labortests bestätigen fast durchweg das hochansteckende H5N1-Virus, das in dieser Saison bereits deutlich früher und aggressiver zuschlägt. Tierärzte sprechen vom „heftigsten Herbstausbruch seit Jahren“ und warnen vor weiteren Hotspots entlang der Zugrouten.
Parallel vergeht kaum ein Tag ohne neue Sperrbezirke und Stallpflichten für Geflügelbetriebe. Besonders brisant: Die Zahl positiver Proben vervielfachte sich im Vergleich zum Vorjahr, was Experten auf eine veränderte Virusvariante zurückführen.
Lassen Sie uns nun den Mann kennenlernen, der hinter den eindringlichsten Warnungen steht.
Der Mann hinter der Warnung: Klaus Stöhr

Klaus Stöhr leitete einst das Influenza-Programm der WHO und gilt seit SARS-2003 als einer der erfahrensten Pandemie-Jäger Europas. Seine Stimme findet weltweit Gehör, weil er entscheidend an der ersten Vogelgrippe-Vorsorge-Strategie der UN mitwirkte.
Nun richtet Stöhr den Scheinwerfer erneut auf H5N1 und betont, das Virus besitze „alles, um eine Pandemie auszulösen“. Sein Credo: Vorbereitung sei keine Panikmache, sondern Pflicht.
Doch was macht H5N1 gerade jetzt so gefährlich?
Warum H5N1 jetzt gefährlicher denn je ist

Virologen sehen in der aktuellen Variante eine Kombination aus höherer Umweltstabilität und schnellerer Replikationsrate. Das bedeutet: Kadaver bleiben länger infektiös, und die Viruslast steigt, bevor Tiere erste Symptome zeigen.
Hinzu kommt, dass das Virus laut Genomsequenzierung einzelne Mutationen trägt, die die Bindung an menschliche Zellen erleichtern könnten. Ein regelrechter „Mischpult-Effekt“ mit Schweine- oder saisonalen Grippeviren wäre der Albtraum jedes Gesundheitsamts.
Wie könnte der Erreger überhaupt auf den Menschen überspringen?
Die unterschätzten Wege vom Tier zum Menschen

Stöhr warnt vor einer Kette kleiner Risiken, die zusammengenommen fatal sein können: Hobbyhalter, Spaziergänger mit Hunden, aber auch Tierärzte und Reinigungskräfte in Mastanlagen. Schon ein winziger Sprühnebel aus infiziertem Kot kann reichen, um Schleimhäute zu infizieren.
Besorgniserregend ist zudem, dass das Virus in Meeressäugetieren wie Robben nachgewiesen wurde. Eine Infektion bei Säugetieren ist oft der erste Schritt, damit ein Erreger sich an den Menschen anpasst.
Und was würde eine massenhafte Tierseuche für unsere Lebensmittelversorgung bedeuten?
Was das für Deutschlands Geflügelwirtschaft bedeutet

Der Deutsche Geflügelwirtschaftsverband rechnet bereits mit Millionenverlusten: Stallpflicht, Keulungen und Exportstopps treiben die Preise für Eier und Geflügelfleisch nach oben. Erste Supermarktketten haben Lieferverträge angepasst und warnen vor vorübergehenden Engpässen.
Landwirte investieren jetzt in Luftfiltersysteme, Stiefeldesinfektionsschleusen und kamerabasierte Frühwarn-Sensoren. Doch jeder neue Ausbruch bringt die Höfe an ihre wirtschaftlichen Grenzen.
Welche Schutzmaßnahmen können Bevölkerung und Politik jetzt noch ergreifen?
Pandemie-Plan: So können wir die Gefahr abwenden

Bund und Länder aktualisieren derzeit die Notfallpläne, die schon während COVID-19 griffen: Reserve-Laborkapazitäten, Impfstoff-Forschung und nationale Medikamenten-Lager werden hochgefahren. Laut Stöhr könnte ein mRNA-Impfkandidat innerhalb weniger Monate in die klinische Prüfung gehen.
Für Bürger gilt: Auf Abstand zu Wildvögeln achten, Haustiere fernhalten, tote Tiere dem Veterinäramt melden und Hygieneregeln streng befolgen. Entscheidend ist jedoch die globale Zusammenarbeit – nur ein lückenloses Überwachungssystem kann verhindern, dass aus einem regionalen Tierausbruch eine weltweite Pandemie wird.
Bleibt zu hoffen, dass die Warnung ernst genommen wird, bevor H5N1 die Chance erhält, sich im Menschen endgültig festzusetzen.
