
Beziehungen leben von Nähe, Verlässlichkeit und gemeinsamen Werten. Doch manchmal geraten diese Grundlagen ins Wanken – oft ganz leise und unscheinbar. In einer Welt, in der Möglichkeiten und Reize überall lauern, stellt sich eine alte Frage in neuem Licht: Wie stabil ist Treue wirklich?
Aktuelle Zahlen und Einschätzungen liefern einen Einblick in ein Thema, das viele betrifft – aber nur wenige offen ansprechen. Was in Beziehungen hinter verschlossenen Türen passiert, bleibt oft verborgen. Doch manche Studien zeigen, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen.
1. Wenn Nähe Grenzen kennt

Nicht alles in einer Partnerschaft ist schwarz oder weiß. Zwischen Verbundenheit und Distanz, Loyalität und Unsicherheit entstehen Grauzonen, über die kaum jemand spricht. Doch genau dort spielt sich oft mehr ab, als wir denken.
Was bedeutet Treue heute überhaupt noch – und wann beginnt der Vertrauensbruch? Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass vieles anders ist, als es scheint. Wer glaubt, dass alle nach denselben Regeln lieben, könnte überrascht werden.
2. Die meisten bleiben treu – doch nicht alle

Laut einer Studie des Deutschen Ärzteblatts aus dem Jahr 2017 waren nur 17 Prozent der Befragten schon einmal während einer festen Partnerschaft sexuell untreu. Auch eine Umfrage von Parship aus 2021 bestätigt: Die Mehrheit hält sich an das Treueversprechen.
Dennoch: Jeder fünfte Deutsche gab an, den Partner oder die Partnerin betrogen zu haben. Weitere 7 Prozent führten sogar mehrere parallele Beziehungen. Diese Zahlen zeigen: Obwohl Treue ein hohes Ideal bleibt, gibt es durchaus Lücken zwischen Anspruch und Realität – oft im Verborgenen.
3. Fremdgehen ohne Reue

Ein besonders aufrüttelndes Ergebnis der Parship-Studie: Mehr als die Hälfte der Untreuen bereuen ihr Verhalten nicht. Besonders drastisch fällt das Ergebnis bei den 40- bis 49-Jährigen aus – dort zeigen 72 Prozent keine Reue.
Das wirft Fragen auf: Haben sich die Moralvorstellungen verändert? Oder wird Untreue heute als weniger dramatisch empfunden? Der Gedanke, dass man eher Dinge bereut, die man nicht getan hat, scheint für manche auch auf das Fremdgehen übertragbar zu sein – ein Gedankenspiel, das für betroffene Partner besonders schmerzhaft ist.
4. Frauen gehen häufiger fremd – statistisch gesehen

Das gängige Klischee, Männer seien treuloser, wird durch eine Studie von ElitePartner aus dem Jahr 2020 widerlegt: 17 Prozent der Frauen, aber nur 11 Prozent der Männer gaben an, in einer Beziehung untreu gewesen zu sein.
Der Unterschied liegt auch in der Definition von Untreue: Laut Psychologin Lisa Fischbach sehen Frauen oft schon einen Kuss als Vertrauensbruch – bei Männern beginnt Untreue meist erst bei körperlichem Kontakt. So entstehen unterschiedliche Wahrnehmungen, die sich auch in den Antworten der Befragten niederschlagen.
5. Was bewegt Menschen zum Seitensprung?

Die Gründe für Untreue sind vielfältig: emotionale Vernachlässigung, Langeweile, Neugier oder Bestätigungssuche zählen zu den häufigsten Motiven. Nicht selten entstehen Affären aus einem Gefühl der Leere – nicht weil man den Partner nicht mehr liebt, sondern weil etwas fehlt.
Besonders gefährlich sind Situationen, in denen keine offene Kommunikation über Wünsche und Bedürfnisse stattfindet. In solchen Fällen wird die Affäre zur Flucht – oder zum Versuch, das eigene Selbstwertgefühl außerhalb der Beziehung zu stärken.
6. Digitale Versuchung – der neue Seitensprung

In Zeiten von Dating-Apps und sozialen Netzwerken ist der Weg zur Untreue oft nur einen Klick entfernt. Was früher eine klare Handlung voraussetzte, beginnt heute schon mit dem Schreiben eines Flirts oder dem Like unter einem Selfie.
Viele Menschen empfinden emotionales Fremdgehen über das Smartphone als genauso verletzend wie körperlichen Betrug. Die digitale Welt macht das Versteckspiel leichter – aber auch die Unsicherheit in Beziehungen größer. Treue muss deshalb neu verhandelt werden – nicht nur offline, sondern auch online.
7. Verzeihen oder verlassen?

Wenn Untreue ans Licht kommt, stehen Paare oft vor einer schwierigen Entscheidung. Verzeihen ist möglich, aber es braucht Zeit, Ehrlichkeit und den Willen beider Seiten, wirklich aufzuarbeiten. Psychologen raten dazu, das Warum zu klären und nicht nur das Was.
Oft zeigt sich dabei: Nicht die Affäre allein zerstört die Beziehung, sondern der Umgang danach. Manche Paare wachsen durch den Bruch sogar enger zusammen – andere erkennen, dass das Vertrauen dauerhaft zerstört ist. Es gibt keine allgemeingültige Antwort – nur individuelle Wege.
8. Der Wandel der Treuebegriffe

Unsere Vorstellungen von Treue und Beziehung befinden sich im Wandel. Während klassische Monogamie weiterhin vorherrscht, entdecken immer mehr Paare offene oder alternative Beziehungsformen, um ihre Bedürfnisse ehrlich zu leben.
Wichtig bleibt dabei der konsensuale Umgang mit Grenzen – denn Treue bedeutet nicht für alle das Gleiche. Untreue beginnt nicht immer im Schlafzimmer, manchmal schon im Kopf. Wer früh und offen kommuniziert, hat bessere Chancen, den eigenen Werten und denen des Partners gerecht zu werden – und Beziehung neu zu denken.
9. Fazit: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Untreue bleibt ein sensibles Thema – und eines, das viele betrifft. Die Statistiken zeigen: Treue ist der Anspruch, aber nicht immer die Realität. Besonders spannend ist, wie unterschiedlich Männer und Frauen Fremdgehen bewerten – und wie sich Vorstellungen von Beziehung langsam verschieben.
Wer liebt, muss nicht perfekt sein – aber ehrlich. Kommunikation, Vertrauen und gemeinsame Werte bleiben entscheidend, um in einer Welt voller Versuchungen gemeinsam auf Kurs zu bleiben. Denn am Ende zählt nicht nur Treue, sondern wie wir mit ihr umgehen.