Ein sonniger Vormittag im Schöntal-Park verwandelte sich im Januar dieses Jahres in eine Tragödie, die ganz Deutschland erschütterte. Jetzt, am 30. Oktober 2025, hat das Landgericht Aschaffenburg sein Urteil gesprochen: Der Messerstecher wird dauerhaft in einer geschlossenen Psychiatrie untergebracht.
Ein Morgen, der in Schrecken endete

Es war kurz nach halb zehn, als eine Kita-Gruppe zum Entenfüttern aufbrach und Familienväter ihren freien Tag im Park genossen. Der friedliche Klang spielender Kinder lag in der Luft, doch binnen Sekunden sollte er von panischem Schreien verdrängt werden.
Ein 28-Jähriger, in Kapuze gehüllt, zog ein 30 Zentimeter langes Küchenmesser und stürzte sich ohne Vorwarnung auf die Gruppe. Zwei Menschen verloren ihr Leben, drei weitere wurden schwer verletzt.
Wie konnte es so weit kommen?
Der Täter und seine Dämonen

Der aus Afghanistan stammende Enamullah O. lebte allein, hörte stundenlang laute Musik und sprach laut Nachbarn oft mit sich selbst. Bereits Monate vor der Tat hatte er Psychopharmaka verschrieben bekommen, setzte sie aber ab, weil sie ihn „bremsten“.
Gutachter zeichneten vor Gericht das Bild einer paranoiden Schizophrenie, die in eine akute Psychose kippte. Stimmen in seinem Kopf hätten ihn geleitet, sagten sie – eine tickende Zeitbombe, von der niemand ahnte, wann sie explodieren würde.
Was geschah in den Minuten der Attacke?
Der Angriff im Schöntal-Park

Als Enamullah O. auf die Kita zulief, versuchte der 41-jährige Kai-Uwe D., die Kinder abzuschirmen. Er wurde tödlich getroffen, ebenso der zweijährige Yannis, der im Buggy saß. Der Täter wütete weiter, bis ein 71-jähriger Passant eingriff und selbst schwer verletzt wurde.
Die Polizei war innerhalb von zwölf Minuten vor Ort, fand den Angreifer noch am Tatort und überwältigte ihn. In seiner Jackentasche: ein zweites, unbenutztes Messer – stummes Zeugnis seiner Bereitschaft zu weiterem Blutvergießen.
Die Ermittler standen vor einem Rätsel – bis sie seine Wohnung durchsuchten.
Indizien einer zerrissenen Psyche

In dem spärlich möblierten Zimmer stapelten sich leere Tablettenblister, religiöse Schriften und Notizzettel mit wirren Botschaften. Auf seinem Laptop spielte eine Endlosschleife aggressiver Musikvideos; der Browserverlauf zeigte stundenlange Recherchen über „dämonische Besessenheit“.
Gerichtspsychiater sahen darin klare Belege für eine schwere seelische Erkrankung. Sie warnten: Ohne Therapie sei eine „hochaggressive Wiederholungstat“ fast sicher – ein Gutachten, das in den Folgetagen das gesamte Verfahren bestimmen sollte.
Doch würde ein Gericht das glauben?
Der Prozess – 14 Tage im Oktober

Vor einem dicht besetzten Saal schilderten Zeugen die grausamen Sekunden; manche brachen weinend ab. Der Angeklagte selbst wirkte apathisch, schaukelte vor und zurück und murmelte unverständliche Worte.
Der Sachverständige Hans-Peter Volz sprach von vollständiger Schuldunfähigkeit. Die Staatsanwaltschaft beantragte ein Sicherungsverfahren – ein Schritt, den viele Angehörige zunächst als zu „mild“ empfanden, bis das Urteil fiel.
Erst das Urteil offenbart die ganze Tragweite.
Dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie

Am Vormittag des 30. Oktober 2025 erklärte Richter Karsten Krebs den Beschuldigten für „eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit auf unbestimmte Zeit“. Enamullah O. wird in einer Hochsicherheitsabteilung einer forensischen Klinik untergebracht, ein regulärer Strafvollzug ist ausgeschlossen.
Für die Hinterbliebenen bleibt der Schmerz, doch sie hoffen, dass die Entscheidung künftige Opfer verhindert. In Aschaffenburg wird heute an Yannis und Kai-Uwe D. erinnert – und laut über bessere Früherkennung psychischer Krisen diskutiert. Das Urteil mag das juristische Kapitel schließen, doch die gesellschaftliche Debatte fängt jetzt erst an.
Und damit endet eine Geschichte, deren Nachhall uns noch lange begleiten wird.
